Bundestagswahl 2021: Das ist der größte Bundestag aller Zeiten

Wer regieren wird, steht noch nicht fest. Aber wer ins Parlament einzieht, schon - zumindest vorläufig. Fest steht auch: Es sind so viele Abgeordnete wie noch nie. Finden Sie heraus, wer im neuen Parlament sitzt und wie gut verschiedene Altersgruppen, Berufe und Geschlechter repräsentiert sind. Wie wäre die Sitzverteilung im Vergleich?

Geschlecht
Alle
oder

Frauenanteil

Auch wenn das Thema Gleichberechtigung in den letzten Jahren zunehmend Fahrt aufgenommen hat, ändert sich die Lage bei Machtpositionen kaum: so ist der Frauenanteil im Bundestag mit knapp 35 Prozent im Vergleich zum letzten Bundestag (31,4 Prozent) zwar gestiegen, war aber selbst 2013 schon einmal höher.

Bevölkerung
355
355 zu wenige
Parlament
0
Quelle: Bundeswahlleiter, Destatis

Wenn die Bevölkerung perfekt repräsentiert wäre, müssten im Bundestag 374 Frauen sitzen statt nur 255 wie im aktuell gewählten Parlament.

Viele graue Haare

Der neue Bundestag ist der bisher jüngste. Um die Gesellschaft perfekt abzubilden, müssten trotzdem ganze 110 der 50- bis 70-jährigen Abgeordneten ihre Posten abgeben.

50- bis 70-jährige

Bevölkerung
213
213 zu wenige
Parlament
0
Quelle: Destatis, Bundeswahlleiter. Alter zum 31.12.2021.

Vor allem unter 35-jährige sind deutlich unterrepräsentiert: mit 15 Prozent (111 Abgeordneten) im Bundestag gegenüber 37 Prozent der Gesellschaft.

Berufe & Ausbildung

Arbeitslosigkeit ist ein durch die Parteien hinweg vielbesprochenes politisches Thema, doch bislang kommen Erwerbslose dabei nicht selbst im Bundestag zu Wort: Keine*r der aktuellen Gewählten bezeichnet sich bei der Kandidatur als arbeitslos.

Arbeitslose 1

Bevölkerung
46
46 zu wenige
Parlament
0
Quelle: Arbeitsagentur/ Destatis, Bundeswahlleiter
1 Arbeitslosenquote aller abhängigen zivilen Erwerbspersonen

Demgegenüber stehen zuletzt 2,5 Millionen registrierte Arbeitsuchende - was 48 Plätzen im aktuellen Parlament entsprechen würde.

Jurist*innen 1

Bevölkerung
2
2 zu wenige
Parlament
0

Alte weiße Juristen - so lautet ein Klischée über einen großen Teil der Vertreter*innen im Parlament. Und tatsächlich sind Jurist*innen mit 117 der Mandate eine der größten Berufsgruppen im Bundestag.

Promovierte 2

Bevölkerung
9
9 zu wenige
Parlament
0
Quelle: Arbeitsagentur, Destatis, Bundeswahlleiter, eigene Berechnungen
1 Anteil an Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15- bis 65-jährige)
2 Anteil an der Bevölkerung ab 15 Jahren (Mikrozensus)

Würden die Sitze anteilig nach Berufen vergeben, säßen gerade einmal zwei Jurist*innen im Parlament. Überhaupt sind die meisten der Abgeordneten Akademiker*innen und damit gegenüber der Bevölkerung stark überrepräsentiert - insbesondere die mit Dr.-Titel.

Woher die Abgeordneten (nicht) kommen

Nach Angaben des Mediendienstes Integration haben mindestens 83 der neuen Abgeordneten einen Migrationshintergrund (11,3 Prozent) - wurden also entweder selbst, oder mindestens eines ihrer Elternteile, mit einer nicht-deutschen Staatsbürgerschaft geboren.

Migrationshintergrund

Bevölkerung
187
104 zu wenige
Parlament
83
Quelle: Destatis, Mediendienst Integration

In der Bevölkerung trifft das auf jede vierte Person zu - was 114 mehr Sitze im Bundestag bedeuten würde. Zählt man diejenigen ohne deutsche Staatsbürgerschaft und damit ohne Wahlrecht jedoch nicht mit, kommt das Parlament der Bevölkerung etwas näher: Hier haben zwölf Prozent einen Migrationshintergrund, der Unterschied zu den Bundestagsmitgliedern ist hier also minimal.

Leben in einer Großstadt

Bevölkerung
223
46 zu viele
Parlament
269

Auch innerhalb Deutschlands bestimmt der Geburts- und Wohnort viele Dinge im Leben. So etwa ob man in der Stadt oder auf dem Land wohnt, oder ob man im ehemaligen Osten geboren ist.

Sind im Osten geboren 1

Bevölkerung
106
2 zu viele
Parlament
108
Quelle: BBSR/INKAR, Destatis, Bundeswahlleiter, eigene Berechnungen
1 Bevölkerung der neuen Bundesländer, ohne Berlin;
Abgeordneten mit Geburtsorten in neuen Bundesländern (ohne Berlin)

In beiden Fällen bildet das aktuelle Parlament die Bevölkerung jedoch recht gut ab: Einige (48) Abgeordnete mehr müssten auf dem Land wohnen, wobei vor allem bisherige Abgeordnete mittlerweile in Berlin wohnen, aber möglicherweise zumindest in ländlicheren Gegenden aufgewachsen sind. Und mittlerweile haben Leute, die im Osten (außerhalb Berlins) wohnen, sogar drei Mandate „zu viel“.

Abgeordnete verdienen besser als 93 Prozent

Unabhängig von Ausbildung und vorigen Positionen erhalten alle Abgeordneten monatlich 10.012,89 Euro Diät plus Kostenpauschale und Amtsausstattung.

Steuerpflichtige mit Spitzeneinkommen1

Bevölkerung
45
655 zu viele
Parlament
700
Quellen : Bundesfinanzministerium laut Handelsblatt, Bundestag (Diäten)
1 Ab einem Bruttoeinkommen von 57.919 Euro gilt der Spitzensteuersatz von 42 Prozent. Die Abgeordneten-Diäten beträgt derzeit 120.155 brutto im Jahr - ohne Berücksichtigung zusätzlicher Pauschalen.

Damit beziehen sie ein Einkommen, für das der Spitzensteuersatz fällig wird. Dies trifft aber nur auf 3,8 Millionen der rund 60 Millionen Steuerpflichtigen in Deutschland zu. Zu den Topverdiener*innen zählen die Abgeordneten aber trotzdem nicht: Chef*innen vieler Unternehmen - auch städtischer - bekommen zum Teil ein Vielfaches, ganz zu schweigen von Fußball- und Popstars.

Das Parlament wächst und wächst


1949 - 1953
402 Mitglieder
1953 - 1990
∅ 496 Mitglieder
1990 - 2002
∅ 668 Mitglieder
2002 - 2017
∅ 618 Mitglieder
2017 - 2021
709 Mitglieder
ab 2021
736 Mitglieder
Quelle: Bundestag 1. - 11. Legislaturperiode, 12. - 19. Legislaturperiode

Durch das deutsche Wahlsystem mit Erst- und Zweitstimmen ist die genaue Anzahl Abgeordneter immer ungewiss und hängt allein vom Wahlverhalten ab. Mit 736 Abgeordneten ist der aktuelle Bundestag erneut der größte bisher und fast doppelt so groß wie der erste Bundestag 1949. Das sind 598 Sitze plus Überhang- und Ausgleichsmandate. Und diese treiben die Gesamtzahl noch oben. Union und SPD hatten 2020 nur eine kleine Wahlrechtsreform beschlossen. Eine größere Reform ist erst für die Wahl 2025 geplant. Dann wird das Wachstum des Bundestags vielleicht gestoppt.



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