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Ein Thema mit „alternativen“ Positionen klar besetzen, mit Protest-Attitüde gegen die Regierungspolitik ins Umfragehoch - und durch einen innerparteilichen Machtkampf wieder abwärts in der Wählergunst. So verlaufen die Konjunkturzyklen der AfD - bislang. Am Ende jeder Phase ist die Partei stets weiter nach rechts gerückt.

Erst war es die Eurokrise. Doch den steilsten Aufstieg bescherte der AfD der Sommer 2015, als bis 2016 insgesamt mehr als eine Million Geflüchtete und Migranten nach Deutschland kamen. Das Thema bestimmt seitdem den Markenkern der AfD. Bundesweit stagniert die Partei damit seit Jahresbeginn 2019 in den Umfragen, wenn auch auf hohem Niveau. Doch ihre Zustimmungswerte haben sich im Ländervergleich weit auseinander entwickelt - besonders zwischen neuen und alten Bundesländern.

Der Auf- und Abstieg in den Ländern
Die einzelnen Umfragen in den Bundesländern ("Wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl wäre ...?") zeigen im Vergleich zum Deutschland-Trend, wie sich die Zustimmung für die AfD auseinander entwickelt hat - besonders zwischen Ost und West.

Die AfD setzt sich in den ostdeutschen Bundesländern deutlich vom Bundestrend ab. Das war nicht von Anfang an so. In der ersten Phase unter Lucke entwickelten sich die Umfragewerte in den Ländern zunächst ähnlich. Zwar lagen sie in Sachsen und Thüringen schon 2013 über dem Mittel zur bundesweiten Sonntagsfrage - und nach dem Einzug in die dortigen Landtage 2014 erst recht. Doch von einem Gleichschritt im Osten konnte noch nicht die Rede sein: So fand die AfD in Mecklenburg-Vorpommern lange weniger Anklang als in vielen westlichen Bundesländern.

Das änderte sich drastisch mit der Flüchtlingskrise. Seit Anfang 2016 liegen die Umfragewerte in Ostdeutschland stets deutlich über dem West-Durchschnitt. Und mit hohen Wahlergebnissen ist die AfD im Osten mittlerweile auch stärker in der regionalen Politik verankert. Dies vergrößert den Abstand. Trotz der Etablierung in Gemeindevertretungen und Landesparlamenten gilt sie in Ostdeutschland nach wie vor auch als Denkzettel-Partei.

Ost und West so weit auseinander wie nie

In den alten Bundesländern hat die Partei dagegen ihren Zenit möglicherweise überschritten. Der Abstand in den Umfragen zwischen Ost und West ist so groß wie noch nie. Und seit diesem Frühjahr entwickeln sich beide Teile sogar gegenläufig. Ob sich dieser Trend fortsetzt, ist noch unklar.

Es könnte sein, dass sich hier der Beginn einer weiteren Phase abzeichnet – die der AfD als Ostpartei, eine „Höcke-Phase“. Nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen, aus denen die AfD jeweils als zweitstärkste Kraft hervorgegangen ist, wird wohl nun der völkische „Flügel“ um Höcke an Einfluss gewinnen. Die innerparteilichen Kämpfe, die jetzt schon viele Landesverbände auch im Westen lähmen, dürften noch härter werden.

Die AfD im Ost-West-Vergleich
Mittelwerte der Länderumfragen (Berlin ausgenommen) im Vergleich zum Bund
Was die Grafiken zeigen

Die Grafiken basieren auf den Umfrageergebnissen verschiedener Meinungsforschungsinstitute auf die sogenannte Sonntagsfrage "Wenn am nächsten Tag Bundestagswahl wäre ...?". Die Umfragewerte stammen von Wahlrecht.de. Ausgewertet wurden mehr als 2000 Umfragen von Februar 2013 bis Mitte August 2019 (1512 Umfragen zum Bundestag, 565 zu den Landtagen).

Durchschnittslinie für Bundestagswahl

Es handelt sich laut Angaben der Institute um repräsentative Umfragen, bei denen aber statistische und systematische Fehler auftreten können. Für die Sonntagsfrage zur Bundestagswahl (große Grafik) haben wir deshalb zu jedem Zeitpunkt einen Durchschnitt der umliegenden zehn Prozent der Umfragen aller Institute berechnet. Je näher die Werte an diesem Zeitpunkt liegen, desto stärker fallen sie ins Gewicht. Daraus ergibt sich die Durchschnittslinie - die sogenannte Loess-Kurve.

Länder-Vergleich zum Bundesdurchschnitt

Zusätzlich zeigen wir jede einzelne Umfrage im Hintergrund - als blaue Punkte. Auf Ebene der einzelnen Bundesländer gibt es zeitlich nur unregelmäßig Umfragewerte ("Wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl wäre ...?"). Eine mit dem Bund vergleichbare Durchschnittslinie ist somit nicht möglich. Deshalb werden bei den Ländern (kleine Grafiken) nur die tatsächlichen Umfragewerte (blaue Punkte) mit der Durchschnittslinie des Bundes verglichen.

Ost-West-Vergleich, Berlin ausgenommen

Zudem wird in einer Grafik die Entwicklung der AfD-Ergebnisse bei den Landtagsumfragen zwischen Ostdeutschland und alten Bundesländern verglichen - hier wiederum mit je einer Durchschnittslinie. Berlin - als einziges Ost-West-Bundesland - ist von der Betrachtung ausgenommen. Hier liegen die Umfrage-Ergebnisse auch stets nahe am Bundesdurchschnitt, was die Berliner Umfragegrafik auch verdeutlicht.

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