Auch wenn das Thema Gleichberechtigung in den letzten Jahren zunehmend Fahrt aufgenommen hat, ändert sich die Lage bei Machtpositionen kaum: so ist der Frauenanteil im Bundestag mit knapp 35 Prozent im Vergleich zum letzten Bundestag (31,4 Prozent) zwar gestiegen, war aber selbst 2013 schon einmal höher.
Wenn die Bevölkerung perfekt repräsentiert wäre, müssten im Bundestag 374 Frauen sitzen statt nur 255 wie im aktuell gewählten Parlament.
Der neue Bundestag ist der bisher jüngste. Um die Gesellschaft perfekt abzubilden, müssten trotzdem ganze 110 der 50- bis 70-jährigen Abgeordneten ihre Posten abgeben.
Vor allem unter 35-jährige sind deutlich unterrepräsentiert: mit 15 Prozent (111 Abgeordneten) im Bundestag gegenüber 37 Prozent der Gesellschaft.
Arbeitslosigkeit ist ein durch die Parteien hinweg vielbesprochenes politisches Thema, doch bislang kommen Erwerbslose dabei nicht selbst im Bundestag zu Wort: Keine*r der aktuellen Gewählten bezeichnet sich bei der Kandidatur als arbeitslos.
Demgegenüber stehen zuletzt 2,5 Millionen registrierte Arbeitsuchende - was 48 Plätzen im aktuellen Parlament entsprechen würde.
Alte weiße Juristen - so lautet ein Klischée über einen großen Teil der Vertreter*innen im Parlament. Und tatsächlich sind Jurist*innen mit 117 der Mandate eine der größten Berufsgruppen im Bundestag.
Würden die Sitze anteilig nach Berufen vergeben, säßen gerade einmal zwei Jurist*innen im Parlament. Überhaupt sind die meisten der Abgeordneten Akademiker*innen und damit gegenüber der Bevölkerung stark überrepräsentiert - insbesondere die mit Dr.-Titel.
Nach Angaben des Mediendienstes Integration haben mindestens 83 der neuen Abgeordneten einen Migrationshintergrund (11,3 Prozent) - wurden also entweder selbst, oder mindestens eines ihrer Elternteile, mit einer nicht-deutschen Staatsbürgerschaft geboren.
In der Bevölkerung trifft das auf jede vierte Person zu - was 114 mehr Sitze im Bundestag bedeuten würde. Zählt man diejenigen ohne deutsche Staatsbürgerschaft und damit ohne Wahlrecht jedoch nicht mit, kommt das Parlament der Bevölkerung etwas näher: Hier haben zwölf Prozent einen Migrationshintergrund, der Unterschied zu den Bundestagsmitgliedern ist hier also minimal.
Auch innerhalb Deutschlands bestimmt der Geburts- und Wohnort viele Dinge im Leben. So etwa ob man in der Stadt oder auf dem Land wohnt, oder ob man im ehemaligen Osten geboren ist.
In beiden Fällen bildet das aktuelle Parlament die Bevölkerung jedoch recht gut ab: Einige (48) Abgeordnete mehr müssten auf dem Land wohnen, wobei vor allem bisherige Abgeordnete mittlerweile in Berlin wohnen, aber möglicherweise zumindest in ländlicheren Gegenden aufgewachsen sind. Und mittlerweile haben Leute, die im Osten (außerhalb Berlins) wohnen, sogar drei Mandate „zu viel“.
Unabhängig von Ausbildung und vorigen Positionen erhalten alle Abgeordneten monatlich 10.012,89 Euro Diät plus Kostenpauschale und Amtsausstattung.
Damit beziehen sie ein Einkommen, für das der Spitzensteuersatz fällig wird. Dies trifft aber nur auf 3,8 Millionen der rund 60 Millionen Steuerpflichtigen in Deutschland zu. Zu den Topverdiener*innen zählen die Abgeordneten aber trotzdem nicht: Chef*innen vieler Unternehmen - auch städtischer - bekommen zum Teil ein Vielfaches, ganz zu schweigen von Fußball- und Popstars.
Durch das deutsche Wahlsystem mit Erst- und Zweitstimmen ist die genaue Anzahl Abgeordneter immer ungewiss und hängt allein vom Wahlverhalten ab. Mit 736 Abgeordneten ist der aktuelle Bundestag erneut der größte bisher und fast doppelt so groß wie der erste Bundestag 1949. Das sind 598 Sitze plus Überhang- und Ausgleichsmandate. Und diese treiben die Gesamtzahl noch oben. Union und SPD hatten 2020 nur eine kleine Wahlrechtsreform beschlossen. Eine größere Reform ist erst für die Wahl 2025 geplant. Dann wird das Wachstum des Bundestags vielleicht gestoppt.