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Tagelang schaufelten Feuerwehr, freiwillige Helfer und Bundeswehr Schnee von einsturzgefährdeten Dächern, wegen Lawinengefahr wurden ganze Ortsteile evakuiert, Schneemassen legten den Regionalverkehr lahm und in Wäldern brachen Bäume unter der Schneelast zusammen. Der Winter hat sich zu Jahresbeginn im Süden des Landes von seiner extremen Seite gezeigt. Von einem sich anbahnende Jahrhundertwinter nach dem Jahrhundertsommer 2018 war bereits die Rede. Doch daraus wurde nichts.

Meteorologen: Einer der wärmsten Winter seit 1881

Im Gegenteil: Der Deutsche Wetterdienst bilanzierte zum Ende der Saison 2017/18 einen „erheblichen zu milden Winter“. In einer ersten Analyse der Daten seiner rund 2000 Messstationen heißt es: „Er landete unter den wärmsten Wintern seit Beginn regelmäßiger Messungen im Jahr 1881“. Mit 3,6 Grad Celsius lag die durchschnittliche Temperatur von Dezember bis Februar nach unserer eigenen Auswertung deutlich über dem Mittel seit 1960. Der Rekord für den wärmsten Wintertag der letzten Jahrzehnte wurde um nur 0,3 Grad verfehlt: Frühsommerliche 21,7 Grad Celsius wurden am 27. Februar in Saarbrücken gemessen.

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Extrem-Winter in Bayern: Helfer schaufeln das verschüttete Hotel Hubertus in Balderschwang frei dpa

Außergewöhnlich hoch waren aber nicht nur die Temperaturen, sondern auch die Schneefälle. Allerdings blieben sie regional und auf den Januar begrenzt: Etliche Orte in Bayern meldeten in der ersten Januarhälfte immer wieder neue Stationsrekorde. In Anger-Stoißberg bei Bad Reichenhall türmte sich der Schnee 240 Zentimeter hoch. Die höchste Schneedecke wurde mit 4,60 Metern - wie fast in jedem Winter - auf der Zugspitze gemessen. Doch der Schneerekord konnte im Winter 2018/2019 auch auf Deutschlands höchstem Berg nicht gebrochen werden. In den Wintermonaten waren es dort schon einmal sechseinhalb Meter; am 8. Februar 1981.

Kein deutschlandweiter Winter-Rekord gebrochen

Die Auswertung dokumentiert die Durchschnitts- und Extremwerte der Winter seit 1960/61, basierend auf den Messungen Hunderter Stationen des Deutschen Wetterdienstes. Eine Deutschlandkarte zeigt jeweils die regionale Verteilung der Schneetage - und gibt damit jedem Winter ein Gesicht. Berücksichtigt sind dabei die Monate Dezember bis Februar - also der jeweilige meteorologische Winter. Die Werte für die jüngste Saison zeigen wie nah dieser Winter wirklich an den bisherigen Rekorden war, auch wenn für ganz Deutschland bis Saisonende keiner gebrochen wurde.

1962/63: Als sogar Rhein und Ostsee zufroren

Eisige Minus 18,6 Grad zeigte die Messstation Deutschneudorf-Brüderwiese im Erzgebirge am 21. Januar an. Dieses Rekordtief für 2019 wurde nur noch Anfang Februar auf der Zugspitze erreicht. Für gewöhnlich wurden in den letzten Jahren aber Tiefstwerte deutlich unter minus 20 Grad gemessen. Und vom Kälterekord der letzten sechs Jahrzehnte war dieser Winter weit entfernt: Dafür hätte das Thermometer 35,5 Grad unter null stürzen müssen, so kalt war es am 17. Januar 1963 in Aldersbach-Kriestorf (Niederbayern).

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Jahrhundertwinter in Düsseldorf: 1963 war es so kalt, dass man über den Rhein spazieren konnte dpa

Überhaupt erstarrte im Winter 1962/63 ganz Europa in eisiger Kälte. Diese Saison ging als Jahrhundertwinter in die meteorologische Geschichte ein: Meterhohe Schneeverwehungen legten Straßen und Bahnstrecken lahm. Sogar der Rhein und die Ostsee froren zu. Dörfer sowie einige Nord- und Ostseeinseln wurden komplett von jeglicher Versorgung abgeschnitten.

1978/1979: Die Plötzliche Schneekatastrophe

Auch der Winter 1978/1979 bleibt als Katastrophen-Winter in bitterkalter Erinnerung. Ein Temperatursturz von plus 10 auf minus 30 Grad sorgte zum Jahreswechsel für heftige Schneestürme, die Norddeutschland und die DDR ungewöhnlich hart trafen: In zahlreichen Landkreisen wurde damals Katastrophenalarm ausgerufen.

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Schneemassen im Katastrophenwinter 1978/1979: Auch die Berliner mussten ihre Autos freischaufeln dpa

Bundeswehr und NVA waren im Dauereinsatz gegen die Schneemassen - in der DDR teilweise mit Panzern. Dort brach die Energieversorgung für zwei Tage in großen Teilen zusammen. Der Extremwinter forderte etliche Todesopfer: Allein in der Bundesrepublik kostete er 17 Menschen das Leben, für die DDR sind bis heute verlässliche Zahlen nicht bekannt.

2007/2008: Biergarten-Wetter mitten im Winter

Die Minus-30-Marke wurde seit Ende der insgesamt recht frostigen und schneereichen 80er-Jahre nicht mehr durchbrochen. Dagegen wurde nach der Jahrtausendwende ein Wärme-Rekord aufgestellt - mit 22 Grad am 24. Februar 2008 im oberbayerischen Wielenbach. Während schwere Winterstürme über Norddeutschland und der Ostsee wüteten, strömten die Menschen im Süden der Republik in Scharen in die Biergärten und Cafés.

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Auch so kann Winter sein: Am letzten Februarwochenende 2008 im Biergarten am Nockherberg in München dpa

Diese Wintersaison ist nun zumindest meteorologisch zu Ende gegangen. Doch mit dem Schnee ist längst nicht vorbei, theoretisch auch nicht mit Schneerekorden: Immerhin wurde die bislang höchste Schneedecke mit 7,80 Meter außerhalb einer Wintersaison gemessen - am 26. April 1980; natürlich auf der Zugspitze.

Methodik und Aussagekraft der Berechnungen

Die Klimadaten entstammen täglichen Messungen an den Wetterstationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Mehr zur Erhebung der Daten erfahren Sie in den Datensatzbeschreibungen des DWD:

Für die Karten der Anzahl Schneetage je Winter wurde ein digitales Geländemodell von Deutschland des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie mit einer Gittergröße von 1km x 1km mit den gemessenen Schneetagen je Station von Anfang Dezember bis Ende Februar verschnitten. Jeder Gitterzelle wurde diejenige Wetterstation zugewiesen, welche am nächsten am Zentrum der Zelle liegt und sich in einer ähnlichen Höhenlage befindet. Ein Schneetag liegt dann vor, wenn mindestens ein Zentimeter Schnee gemessen wurde.

Unsicherheiten ergeben sich aus den Distanzen zwischen Wetterstation und Gitterzelle und aus fehlerhaften oder fehlenden Beobachtungen in den Messdaten. Außerdem ist beim Vergleich der Jahre zu beachten, dass sich das zugrundeliegende Messnetz über die Zeit verändert hat und immer dichter wurde. Die Karten können daher kein exaktes Bild der regionalen Unterschiede der Anzahl Schneetage in Deutschland geben, nähern sich diesem jedoch an.

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